13 Dezember 2010

Essen ist fertig!

Was man so an Informationen von der Interferon-Schwester bekommt ist viel: Broschüren zu allen Lebenslagen, Merck schickt auch noch einen Nachdruck eines Buches, das noch mal mehr ins Detail geht und das mir der Neurologe sowieso empfohlen hat. Nun ja, ich bringe den Pharmefirmen jetzt auch ordentlich Umsatz, denn Inteferon ist teuer. Dafür ist der Service aber auch klasse.

Was aber als erstes auffällt, was man machen kann und was einfach machbar ist: das Essen umstellen. Tierische Fette weg, viel Gesundes her. Eigentlich eine Ernährung, die in allen Lebenslagen gut tut.

Als kleines Kind war ich sehr stark von Neurodermitis geplagt, und Mitte der 80er haben dann findige Ärzte herausgefunden, dass eine vegetarische oder sogar vegane Ernährung hilft. Und es hat geholfen. Obwohl es in dieser Zeit schwierig war: Viele haben nicht geglaubt, dass mein Vater seine anstrengenden Nachtschichten durchsteht ohne ein ordentliches Stück Fleisch auf dem Teller. Und auf Klassenfahrten wurde vorgekocht, was auf einer Fahrt dazu führte, dass ich vom Koch der Jugendherberge eine ganze Woche Risotto bekam, weil es noch nicht leer war. Erst 20 Jahre später habe ich wieder Reis gegessen - aber dann mit Genuss.

Nun heißt es: Sovie Fisch wie möglich, kein Schwein oder Rind, Wurst ist sowieso bäh und viel Gemüse und Obst ist Pflicht. Käse am besten als Hartkäse wenn überhaupt und Milch ist nur fettreduziert toleriert.

Wenn ich hier nicht sowieso schon größtenteils so bekocht wurde wie gewünscht und meine Freundin nicht soweiso schon darauf gedrängt hätte, ich solle meine Ernährung doch etwas umstellen, dannn hätte ich ein Problem. Aber im Umstellen habe ich ja Übung, und ungesund haben wir uns vor der MS auch nicht ernährt.

Die einzige wirkliche Änderung, die spürbar ist: Jetz sind wir konsequent, gesündigt wird nur am Wochenende, wir essen mindestens zwei Mal in der Woche Fisch (und damit ist nicht das Iglu-Filet gemeint, das im Backofen "á la Bordelaise" wird, sondern echter, guter Fisch) und seit den Cortisonstössen in der Klinik habe ich wirklich Lust auf Obst: Äpfel, Mandarinen etc.

Und ich habe neue Dinge entdeckt: Forelle (sehr einfach zu machen, schwierig zu essen), echtes Risotto (mit Fisch oder Gemüse, alles lecker und das Rühren gibt einen starken Arm), Pangasius im Kräutermantel (Erfindung von der Freundin, mein Lieblingsessen), Nudeln mit Kürbissauce (auch improvisiert, aber sehr lecker), Fischpäckchen (Fisch in Alufolie mit Gemüse und Dressing verpacken, backen, fertig) oder Cranberry-Brötchen aus Dinkelmehl.

Ich ernähre mich wahrscheinlich so gesund wie schon lange nicht mehr, wenn ich mir diese Liste anschaue. Aber: Ich vermisse nichts, habe sogar mehr Spaß beim Essen und man fühlt sich besser, wenn man zwischendurch statt einem Würstchen zwei Mandarinen isst.

Sünden sind erlaubt und auch notwendig: Wenn ich meinen Fruchtquark nicht einmal in der Woche habe, werde ich unleidlich. Und ein Stück guten Käse brauche ich auch alle 7 Tage mal. Aber keine Wurst mehr auf dem Brot? Habe ich gar nicht gemerkt. Milch? Letzte Woche habe ich fast einen ganzen Liter H-Milch weggeschüttet, weil der aus der Packung gebröckelt ist. Butter? Wozu, wenn es Margarine gibt?

Natürlich, es ist für mich keine Essrevolution ausgebrochen, nur sachte Justierungen wurden vorgenommen. Wer es gewohnt ist, in der Mittagspause beim Schotten zu essen und am Wochenende den Pizzadienst anruft, dem wird so etwas schwer fallen. Aber selbst dann sollte man so nette Gerichte, wie ich sie esse, nicht verpassen. Man kocht fast nur noch selbst, isst gesünder, man hat mehr Abwechslung und man ist wahrscheinlich besser drauf (obwohl bei mir das Interferon oft den Blues auslöst). Und das Beste: man muss noch nicht mal MS haben, um so zu essen!

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